28.04.2020
Präsenz - Mehr als körperlich da sein! Teil 2
In diesem Artikel werde ich auf drei weitere Präsenzebenen eingehen.
Pragmatische Präsenz (Erleben eigener Handlungskompetenz)
In der Ebene der pragmatischen Präsenz ist das Ziel, auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben. Beziehungsverantwortliche, die in kritischen Situationen als handlungsfähig erlebt werden, werden als kompetent und orientierungsgebend wahrgenommen. Des Weiteren wird auch die Selberwirksamkeit des Beziehungsverantwortlichen gesteigert, wenn er handlungsfähig ist.
In der Praxis zeigt sich, dass bei (gefühlter) Hilflosigkeit schnell zu Sanktionen und Strafen gegriffen wird. Diese werden dann schnell ineffektiv, da Menschen auf überzogene Reakation mit teilweise starkem Widerstand reagieren. Die Konsequenz daraus ist häufig, dass die Sanktionen erhöht werden. Wenn in der Situation keine Handlungsmöglichkeit besteht, ist eine Möglichkeit, körperlich anwesend zu bleiben (im Sinne der physischen Präsenz) und die Entscheidung zu vertagen.
Selbstreflexion
- In welchen Situationen erlebst du dich als handlungsfähig und in welchen eher nicht?
- Wo und woran genau merkst du deine Handlungsunfähigkeit?
Emotional-Moralische Präsenz (Wahrnehmung eigener Handlungsüberzeugung)
Besteht eine Kongruenz zwischen meinem Handeln und meiner Haltung, hat dieses eine positive Auswirkung auf diese Präsenzdimension. Die innere Überzeugung, dass mein eigenes Handeln „gut“ ist, sorgt für Handlungsüberzeugung und damit für Klarheit. Dadurch ist es möglich, beharrlich präsent zu sein.
Selbstreflexion
- Bist du mit dem, was du machst, einverstanden oder stellst du dich häufig infrage?
Systemisch-Interpersonale Präsenz (Wahrnehmung und Nutzung von Unterstützung, Vernetzung)
Nicht nur, aber gerade in kritischen Situationen ist es hilfreich, um die Unterstützung anderer zu wissen. Leider ist es immer noch so, dass viele Beziehungsverantwortliche aus Scham- oder Schuldgefühlen Schwierigkeiten haben mit Kollegen über solche Situationen zu sprechen.
Durch Kooperation und wohlwollende Unterstützung schaffen wir uns eine Vielzahl an Handlungsmöglichkeiten, die wir als einzelne Person nicht haben.
Selbstreflexion
- Welche Tabuthemen gibt es bei dir in der Institution/Familie?
Quellen:
- "Neue Autorität in Haltung und Handlung" Lemme/Körner, 1. Auflage 2018
- "Raus aus der Ohnmacht - Das Konzept Neue Autorität für die schulische Praxis" Omer/Haller, 1. Auflage 2019